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EINE FASZINIERENDE SKULPTUR VON JÜRG ALTHERR
In Fällanden ist noch bis zum 9. Oktober der 18 Meter hohe <Turm> von Jürg Altherr zu sehen. Ein Kunstwerk, von dem der Künstler schon lange träumte, das er aber erst jetzt realisieren konnte.
<Der Turm ist leer, oben offen, steht unten auf einer Spitze. Die Last der Seilbündel hält ihn aufrecht. Der Wind kann sein Gleichgewicht ändern.> So beschreibt Jürg Altherr, Bildhauer und Landschaftsarchitekt, sein neustes Werk.
18 Meter hoch, völlig überraschend, mit klarer Präsenz und sich dennoch in die Kulturlandschaft des Zürcher Oberlandes einfügend, steht der Turm auf einer Wiese in Fällanden. Man reibt sich erst einmal die Augen. Die Physik scheint ausser Kraft gesetzt, und doch sind gerade physikalische Gesetze die Basis dieser vollendet austarierten Konstruktion. Das grünlich schimmernde Kunststoffrohr von 3,2 Tonnen Gewicht steht auf einem Kugelgelenk, wird von zwölf Seilbündeln mit je zehn 20-Meter-Seilen im schwebenden Gleichgewicht gehalten. Die Seile, ausgediente Zugseile einer Seilbahn, 8,4 Tonnen schwer, sind nicht gespannt, sie tragen allein durch ihr Gewicht. Das Kugelgelenk, auf dem sich der Turm im Winde bewegt, trägt damit ein Gewicht von 11,6 Tonnen.
Mit diesem Kunstwerk hat sich Jürg Altherr schon seit einem Vierteljahrhundert beschäftigt und immer wieder neue Skizzen und Modelle entwickelt. Nun endlich fand er in Hannes Strebel einen Auftraggeber, der die Skulptur bei der zu Lofts umgebauten Fabrik In der Hueb oberhalb von Wald aufstellen will. Bis zum 19. Oktober ist sie jedoch noch das Highlight der Ausstellung «Kunst aus dem Zürcher Oberland» in Fällanden. Zwei unterschiedliche Standorte also, doch beide stehen sie im Kontext zur Oberländer Landschaft und Kultur. Interessant ist dabei die Frage, was die Skulptur an den jeweiligen Orten bewirkt. Für den ersten Standort in Fällanden kann man schon heute antworten: Der Turm ist unerwartet und überraschend - und doch ganz selbstverständlich, ein Kunstwerk, das sich mit dem Ort identifiziert, ihm aber gleichzeitig durch seine Präsenz eine neue Identität gibt.
Bernd Schubert

aus: anthos Nr. 3/08
Zeitschrift für Landschaftsarchitektur

 

Fotos: Christian Kurz